Die Oschatzer Schützen bei fürstlichen Feierlichkeiten

Neben reinen Schießveranstaltungen waren die Oschatzer auch als Abordnungen bei Feierlichkeiten ihrer Landesherren zugegen. So zum Beispiel bei der Vermählung Johann Georgs I.(1) mit Sibylle Elisabeth von Württemberg(2) im Jahre 1604. Auf kurfürstlichen Befehl reisten 50 Gesellschaftsmitglieder mit Tambour und Pfeiffer nach Dresden. Diese erhielten gelbe Feldzeichen und Federn, sechs Pfund Pulver sowie eine in den Stadtfarben ihrer Heimat gehaltene schwarz-gelb Fahne. Die Führer, Tambour und Pfeiffer bekamen gelben Harras-Barchent(3) und Seide, schwarzes Tuch, zwei Paar gelbe und ein Paar schwarze Strümpfe zur Kleidung. Aus der Stadtkasse wurden für diese städtischen Repräsentanten 122 Schock 48 Groschen 9 Pfennig gezahlt.

 

Zur zweiten Hochzeit Johann Georgs I. mit Magdalena Sibylle von Brandenburg(4), die auf Grund der Pest nicht in Dresden, sondern in Torgau stattfand, wurden 30 Schützen samt Tambour und Pfeiffer entsandt, was die Kämmerei mit 48 Schock 56 Groschen 6 Pfennig vergütete.(5)

 

Betrachtet man die Entwicklung der Schützenvereinigungen über die Stadtgrenzen hinaus, kann man feststellen, dass zu dieser Zeit sachsenweit bereits 96 Gesellschaften bestanden. Diese „theils mit gezogenen, und theils mit glatten Feuer Röhren, oder Ziel-Büchßen, theils auch mit tüchtigen Flinten, und Kugel-Büchßen nach der Scheibe, den Reuther, oder einer anderen männlichen Figur“ schießenden Gilden hatten eine Gesamtstärke von 4.978 Mann.(6) Davon waren 241 Personen in 12 Armbrustschützengesellschaften organisiert.

 

Insgesamt erhielten 90 Schießgesellschaften aus landesherrlichen Mitteln Privilegien, wofür jährlich 1.408 Thaler und 17 Gulden aufgebracht wurden.(7)

 


Die Oschatzer Schützen in kriegerischen Zeiten

Nach der Festigung des Schützenwesens im 15. und 16. war im 17. und 18. Jahrhundert die Anzahl der Gesellschaftsmitglieder und somit der Schießübungen rückläufig beziehungsweise fanden diese ab 1637, bedingt durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648), gar nicht mehr statt.

Das Schießen lag fast völlig brach, denn es galt andere Probleme zu lösen. Anno 1662 erging vom Innenministerium eine Aufforderung an alle Schützengesellschaften des Landes, anlässlich der Hochzeit einer Prinzessin die besten Schützen zum Armbrust- und Stahlschießen zu schicken, woraufhin der Rat der Stadt Oschatz antworten musste, „daß nach tödlichem Hintritt eines oder des andern in dergleichen Schießen exercirten Bürgers kein tüchtiges Subjectum mehr in Oschatz vorhanden, so zugebrauchen und auf bestimmten Termine zu schicken, dergestalt als dergleichen Exercitien von Zeit des Krieges und Unruhe dieser Landen bis dato, zum Theil auch wegen großen Armuths und ganz nahrlosen Zeiten bei den Einwohnern gänzlich eingegangen und nicht mehr beliebt worden.“ Weiterhin führt er aus, dass „auch nicht Hoffnung [besteht], daß weilen die Zeiten und Nahrung nicht besser, dergleichen Schießen bei uns wieder in Aufnahme kommen möchten.“(8)

 

1671 wurde durch die noch lebenden Schützen erneut der Versuch unternommen, die Gesellschaft unter Hinzuziehung „etlicher junger bürger“ personell aufzustocken. Nach vier Jahren musste jedoch das Schießen, „weil die grassierende Contagion [eine ansteckende, pestähnliche Krankheit, M. K.] darein kommen“, wieder eingestellt werden.(9)

Im Jahre 1699 erkundigte sich die Königliche Kanzlei erneut beim Oschatzer Amtmann nach der Stärke der ansässigen Schützengesellschaft und deren Regelmäßigkeit des Übungsschießens, woraufhin dieser die Mitglieder zu sich bestellte und befragte. Aus der überlieferten Korrespondenz geht folgendes hervor: Die Abordnung unter dem Vorsteher Christian Schüler gab an, dass, nachdem der „verderbliche schwedische krieg eingefallen“, den Schützen die Büchsen entwendet und das „schießhaus eingerießen undt biß auf den grundt ruiniret“ wurden.(10) Weitere Gründe waren der Tod der alten Schützen sowie die kriegsbedingte Abwanderung vieler Einwohner.

Die Schützen, so Schüler, sind jedoch gewillt, das Übungsschießen 1700 wieder aufzunehmen.

„Dieselben werden sonder zweiffel sich erinnern wie nach wir verbracht haben, daß etliche jenige bürger beliebung hätten, das büchßen schießen nach der scheibe wieder umbfortzustellen, und in einer richtigen ordtnung halten wollten“(11) und bitten im Folgejahr um Zuweisung von 60 Stämmen Bauholz für ein neues Schießhaus.(12) Noch im selben Jahr erfolgte die Reformierung der Gesellschaft unter dem Wahlspruch "FORTUNA ET ARTE" - Glück und Kunst, wie es das Petschaft der Gesellschaft belegt.

Ihre Artikel wurden schließlich am 22. Juli 1704 vom Rat der Stadt Oschatz bestätigt und ein Schützenhauptmann, zugleich Ratsmitglied, dieser vorgesetzt.(13)

 

Eine weitere Unterbrechung des Oschatzer Schießbetriebes erfolgte zwischen 1756 und 1763 aufgrund der Wirren des Siebenjährigen Krieges.

 

Doch weder Krieg, Hungersnöte und Seuchen noch der Absolutismus mit seinen stehenden Heeren und der Fülle einengender Verordnungen konnten die Gesellschaft dauerhaft schädigen.

 

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(1) Johann Georg I. von Sachsen, * 5. März 1585 in Dresden, † 8. Oktober 1656 ebenda, Albertiner, ab 1611 Kurfürst von Sachsen und Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches.

(2) Sibylle Elisabeth von Württemberg, * 10. April 1584 in Mömpelgard, † 20. Januar 1606 in Dresden.

(3) Barchent ist ein Mischgewebe aus Baumwoll-Schuss auf Leinen-Kette, das glatt, auf einer oder auf beiden Seiten aufgeraut ist.

(4) Magdalena Sibylle von Preußen, * 31. Dezember 1586 in Königsberg, † 12. Februar 1659 in Dresden.

(5) Zur Erinnerung an die 350-jährige Jubelfeier der privilegirten [!] Scheibenschützen-Gesellschaft zu Oschatz. Oschatz 1888, S. 17 (künftig Festschrift 1888).

(6) Staatsarchiv Dresden, 10036.Locate Finanzarchiv, Nr. 41498, fol. 11 ff.

(7) Ebd.

(8) Festschrift 1888, S. 18.

(9) Staatsarchiv Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9898/19, fol. 6 f.

(10) Ebd.

(11) Stadtarchiv Oschatz, Abt. II, Abschn. XIII, Nr. 1, fol. 1.

(12) Ebd., fol. 6.

(13) Festschrift 1888, S. 6.

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